Wir sind Europa!

Manchmal fühlt sich Familienleben an wie die Europäische Union: Alle gehören zusammen, aber jeder will was anderes. Gerade in der Stunde vor dem ersten Schulgong zeigt sich, dass jeder kleine Mitgliedsstaat in unserer Familie einen anderen Plan hat – und ein anderes Tempo.

Gelegentlich war unter kritischen Europäern ja mal die Rede vom Europa der zwei Geschwindigkeiten. Dass also jene Staaten, die mehr und besser können, als Kerneuropa vorweg marschieren, und die schwächere Gruppe hinterher schleicht. Das spiegelt sich auch im morgendlichen Alltag der Kleinfamilie.

Während die Tochter sich scheinbar stundenlang im Bad vergnügt, steht der Mittelsohn schon fertig angezogen mit Schuhen und Jacke und Fahrradhelm im Flur und will jetzt endlich und zwar sofort gehen. Der Kleinste im Bunde betätigt sich derweil als Unruhestifter, hämmert mit meinem Lieblingskuli auf meine Funktastatur ein oder schnappt sich meine besonders spitze und lange Erwachsenenschere, um sie „Messa!“ krähend durch die Wohnung zu tragen.

Während der große Zeiger unaufhörlich auf den Schulbeginn zurückt, bleibt dem überforderten Chef der Familienkommission nur noch die Wahl zwischen polternder Eskalation oder Bestechung durch höhere Beitragszahlungen der Geber-Eltern in Form von Eis und Süßigkeiten. Der Präsident entscheidet sich, mit dem Austritt zu drohen und öffnet die Tür zum Flur. Geschafft: Die Tochter eilt, die Söhne warten und der Rettungsschirm geht auf.

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