Glosse: Knöllchen für Eltern

Die Stadtverwaltung hat eine tolle Idee, um Familien mit Kindern noch mehr zu entlasten: Künftig können Eltern alle Knöllchen, die sie in ihrem Viertel bekommen, von den Kinderbetreuungskosten abziehen, egal ob für Tagesmutter, Kita oder OGS.

Wer wie die meisten Familien einen Anwohnerparkausweis besitzt und auf einem Parkscheiben-Parkplatz ein Knöllchen bekommt, darf den Betrag sogar mit Faktor 2 malnehmen und von den Kinderbetreuungskosten abziehen. Wer ein Knöllchen bekommt, weil der Anwohnerparkausweis für den Kontrolleur nicht gut genug lesbar war, der kann sogar mit Faktor 3 rechnen.

Sitzgruppe

Diese Sitzgruppe hat keinen gut lesbaren Anwohnerparkausweis.

Die Neuregelung löst große Freude beim Bonner Elternparkplatzsuche-Verband aus: „Wir begrüßen diese spürbare Entlastung unserer Mitglieder.“ Auch der Gastronomieverband Altstadt freut sich: „Seit dem Sommer blockieren wir mit unserer Außengastronomie viele Parkplätze. Da wird es höchste Zeit, dass sich die Knöllchen für die Familien lohnen.“ Und die Verwaltungsgewerkschaft Komm-zahl ergänzt freudig erregt: „Wir schlagen vor, die Strafe fürs Falschparken um zehn auf 20 Euro zu erhöhen. Dann müssen die Kollegen Kontrolleure nicht immer am Wochenende oder an Feiertagen raus, um das Stadtsäckel wieder aufzufüllen.“

Kinder mit Courage

Im Alltag mit Kindern stellt sich die Frage immer wieder: Wollen wir angepasste, unauffällige, brave Befehlsempfänger, die immer sofort spuren? Oder wollen wir selbstbewusste kleine Persönlichkeiten, die erst einmal widersprechen und sich mutig durchs Leben argumentieren? Die Antwort dürfte klar sein…

Anstrengender ist dieser Weg natürlich auch. Zum Beispiel wenn der entnervte Vater jammert: „Wir müssen immer sofort springen, aber ihr trödelt rum.“ Und die Tochter trocken erwidert: „Und ihr sagt immer ,Aufräumen! Aufräumen’, auch wenn wir noch gar nicht fertig sind mit Spielen.“ Dann fragt sich der Vater laut: „Warum muss ich mich eigentlich jeden Morgen aufregen?“ Und die Tochter erwidert: „Verstehe ich auch nicht.“

Die Geister, die ich rief, können sich natürlich auch gegen die ungerechte Welt da draußen richten. So übernahmen wir großherzig im Frühsommer eine Baumpatenschaft für ein Stück Brachland vor dem Haus und streuten Blumensamen aus. Dann kamen Grünarbeiter, gruben um und pflanzten neu. Woraufhin die entsetzten Kinder die Immergrüns wieder ausrissen – mit der Begründung: „Hier haben wir doch gepflanzt!“

Mit Entrüstung nahmen die lieben Kleinen jetzt auch die motorisierten Werbewände wahr, die kürzlich pausenlos durch die Stadt fuhren und verkündeten, Bonn sei die Hauptstadt der Einbrecher. „So ein Quatsch!“, meinte die Tochter. „Und dann verschmutzen die auch noch sinnlos die Umwelt!“ Gerecht ist eben nicht immer, was rechtens erscheint.