Regenwürmer im Kopf

Das frohe neue Jahr hat gerade erst angefangen, da freuen wir uns bereits wieder über alte und neue Sprachhandlungskunststücke der lieben Kleinen. Das zeigt sich zum Beispiel im Straßenverkehr, wo der Erwachsene tunlichst darauf achten sollte, einmal verkündete Regeln auch treu einzuhalten. Wehe auch den anderen Passanten, die jetzt noch über eine rote Ampel gehen! Die Pänz rufen ihnen unbarmherzig hinterher. Und wenn ein Autofahrer das Rechts-vor-links-Prinzip verletzt, heißt es streng: „Wir hatten Vorfahrt, und der Andere hatte Rückfahrt.“

Wahrscheinlich reagieren Kinder so fassungslos auf Verletzungen der Ordnung, weil ihnen die Regeln Sicherheit und Orientierung geben. Da radelt ein warmblütiger Bonner im Winter mit kurzen Beinkleidern vorbei, und die dick eingepackte Tochter ruft entrüstet: „In kurzen Hosen bei dem Wetter! Ich glaub’, ich spinne! Der hat doch Hummeln im Hintern und Regenwürmer im Kopf!“

Zugegeben: Ist eine Weile her, heute würde sie sich wohl gewählter ausdrücken. Dinge, die unlogisch oder gar ungerecht erscheinen, werden aber nach wie vor angeprangert. Zum Beispiel die Verwunderung über gefährliche Beschützer im Tierreich: „Wenn der König der Löwen alle Tiere schützt, was frisst er dann?“

Also Vorsicht bei kritischen Kindern mit Elefantengedächtnis! Die sind nämlich immer aufmerksam, auch wenn man es gerade nicht erwartet. Da hilft nur Konsequenz im Reden und Handeln – auch wenn das schwer fällt. Vor allem uns Erwachsenen.

Diese Kolumne erschien Anfang des Jahres im Bonner General-Anzeiger.

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